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Berufspolitik – Was hat das eigentlich mit meinem Berufsalltag zu tun?

Berufspolitik – Was hat das eigentlich mit meinem Berufsalltag zu tun?
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Berufspolitik – das ist für den ein oder anderen vielleicht ein abstrakter Begriff. Was verbirgt sich dahinter? Und was hat das eigentlich mit mir und meinem beruflichen Alltag zu tun? Das möchte ich Ihnen mit diesem Blogbeitrag etwas näherbringen. 

Im Rahmen meines Studiums an der Hochschule Fulda habe ich mich bewusst für den Schwerpunkt „Bildung, Politik, Gesellschaft“ entschieden. Mein Ziel ist es, Ernährungsthemen auch aus gesellschaftspolitischer Sicht zu verstehen und die Bedeutung der Ernährung z. B. im präventiven Kontext für die breite Bevölkerung zugänglich und verständlich zu machen. Ich möchte dazu beitragen, ernährungsbezogene Inhalte gesellschaftlich wirksam zu vermitteln. 

Der gewählte Schwerpunkt umfasst unter anderem die Module Ernährungsbildung, Digitalisierung sowie Ernährungspolitik. Besonders im Modul Ernährungspolitik wurden aktuelle politische Entwicklungen aufgegriffen. Zum Zeitpunkt des Kurses fand beispielsweise die Europawahl statt – wir haben das Wahlergebnis analysiert und diskutiert, welche Rolle soziale Medien in diesem Zusammenhang spielen. 

Im Modul Ernährungspolitik sprachen wir über aktuelle Schlagzeilen in Zeitungen und diskutierten darüber, wie wir die Umsetzung in einzelnen Medien einordnen und, ob das Thema gut kommuniziert wurde. Daraus haben wir abgeleitet, wie man die Kommunikation besser gestalten könnte.  

Außerdem ging es darum, wie die Ernährung der Bevölkerung verbessert werden könnte und inwieweit der Staat diesbezüglich eine Verantwortung trägt. Thema von Diskussionen war auch, welchen Einfluss die unterschiedliche Besteuerung von Lebensmitteln hat und welche Folgen zu berücksichtigen wären. 

Mich hat das Modul sehr begeistert, sodass ich weiter zu den Themen Ökotrophologie und Politik recherchierte. So bin ich auf den VDOE gestoßen und die Möglichkeit, beim Verband ein Praktikum zu absolvieren, um tiefer in das Thema einzutauchen. Die Verknüpfung von Politik und dem eigenen Beruf oder Tätigkeitsbereich ist vielen nicht so geläufig, daher gehen wir den Themen Berufspolitik, Aufgaben eines Berufsverbandes und berufspolitische Aktivitäten des VDOE im Folgenden einmal auf den Grund. 

Was ist Berufspolitik?

Eine Definition der Berufspolitik zu finden ist gar nicht so leicht, daher habe ich ChatGPT die Frage Was ist Berufspolitik? gestellt. Das ist die Antwort:  

“Berufspolitik bezeichnet das politische Engagement und die politischen Aktivitäten von Berufsgruppen oder Einzelpersonen, die in einem bestimmten Berufsfeld tätig sind. Sie setzen sich dafür ein, die Interessen ihrer Branche, ihres Berufsstandes oder ihrer Berufsorganisationen zu vertreten und politische Entscheidungen zu beeinflussen, die ihre berufliche Tätigkeit betreffen. 

 

Beispielsweise kann Berufspolitik in Form von Lobbyarbeit, der Bildung von Interessengruppen oder der Teilnahme an politischen Debatten und Gesetzgebungsverfahren auftreten. Ziel ist es, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu gestalten oder bestimmte berufsspezifische Anliegen durchzusetzen. 

 

Ein Beispiel für Berufspolitik ist die Arbeit von Ärztekammern, die die Interessen der Ärzte vertreten, oder von Gewerkschaften, die die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern verbessern wollen.” 

Berufspolitik bezieht sich also auf die politischen und organisatorischen Rahmenbedingungen, die die Ausübung eines bestimmten Berufs oder einer Berufsgruppe beeinflussen. Sie umfasst Aspekte wie berufliche Standards, Regelungen, Interessenvertretung und die Gestaltung von Berufsausbildung und -praxis.  

Was ist ein Berufsverband?

Zunächst sollte auch geklärt werden, was überhaupt ein Berufsverband ist. Rechtlich gesehen ist ein Berufsverband eine Körperschaft des privaten Rechts, die sich als Interessenverband die Vertretung und Förderung einer bestimmten Berufsgruppe als Ziel gesetzt hat. Also eine Organisation, die das Interesse einer bestimmten Berufsgruppe vertritt. Der Berufsverband setzt sich für die beruflichen, wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Belange seiner Mitglieder ein.  

Eine Besonderheit bei einem Berufsverband ist, dass wer Mitglied werden möchte, nachweisen muss, dass er/sie zu der vom Berufsverband vertretenen Berufsgruppe gehört. Es ist möglich bereits während der Ausbildung oder des Studiums dem Berufsverband beizutreten, um schon frühzeitig die berufspolitische Vertretung zu unterstützen und die Vorteile des Verbandes nutzen zu können.  

Aufgaben eines Berufsverbandes:

Wie oben bereits beschrieben, übernimmt der Berufsverband vielfältige Aufgaben, die darauf abzielen, die berufliche Praxis zu stärken, die Qualität der Arbeit zu sichern und die Rahmenbedingungen des Berufsstandes zu verbessern.  

Eine zentrale Aufgabe ist die politische und gesellschaftliche Interessenvertretung: Berufsverbände setzen sich gegenüber dem Gesetzgeber, Behörden und der Öffentlichkeit für die Belange ihrer Mitglieder ein. Sie nehmen Stellung zu Gesetzentwürfen, bringen sich in politische Diskussionen ein und machen berufsrelevante Themen in der Öffentlichkeit sichtbar. 

Darüber hinaus bieten Berufsverbände fachliche Unterstützung und Beratung an. Mitglieder erhalten beispielsweise Hilfe bei der beruflichen Orientierung. Oft stellen sie auch praxisnahe Materialien wie Musterverträge, Leitfäden oder Checklisten zur Verfügung.  

Ein weiterer wichtiger Aufgabenbereich ist die Organisation von Fort- und Weiterbildungen. Berufsverbände bieten Seminare, Fachtage oder Online-Kurse an, um die fachliche Entwicklung ihrer Mitglieder zu fördern und aktuelle Themen aufzugreifen. Sie tragen damit zur Qualitätssicherung und Professionalisierung des Berufs bei. 

Eng verbunden damit ist die Entwicklung von Standards und Richtlinien. Berufsverbände erarbeiten Berufsordnungen, Ethikleitlinien und Empfehlungen für die Aus- und Weiterbildung. Sie tragen so dazu bei, den Beruf klar zu definieren und einheitliche Qualitätsstandards zu schaffen. Nicht zuletzt fördern Berufsverbände auch die Vernetzung und den kollegialen Austausch unter ihren Mitgliedern – etwa durch Regionalgruppen, Facharbeitskreise oder gemeinsame Veranstaltungen. Insgesamt leisten sie damit einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Berufsstandes und zur Weiterentwicklung der beruflichen Praxis.  

Was macht der VDOE berufspolitisch?

Der BerufsVerband Oecotrophologie e. V. (VDOE) setzt sich aktiv für die berufspolitischen Interessen von Oecotropholog*innen sowie Absolvent*innen verwandter Studiengänge ein und jene, die eines dieser Fächer studieren. Ein zentrales Anliegen des VDOE ist die Erschließung neuer Tätigkeitsfelder für seine Mitglieder und die Sicherstellung eines qualifikationsgerechten Einsatzes in verschiedenen Berufsfeldern.  

Um diese Ziele zu erreichen, pflegt der Verband Kontakte zu Medien, Wirtschaft, Politik und Hochschulen. Gegenüber diesen Stakeholdern vertritt der VDOE die Anliegen seiner Mitglieder und fördert die Sichtbarkeit und Anerkennung der Berufsgruppe in der Öffentlichkeit.  

Ein aktuelles Beispiel für das berufspolitische Engagement des VDOE ist die Beteiligung an der Gründung der Interessengemeinschaft Heilmittelerbringer im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) im März 2025. In diesem Zusammenschluss arbeiten die 17 maßgeblichen Heilmittelverbände zusammen, um die Interessen der Heilmittelerbringer*innen auf Bundesebene zu vertreten. Die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden und Interessengruppen stärkt die eigene Position. So arbeitet der VDOE in verschiedenen strategischen Allianzen. Mit gemeinsamen „Offenen Briefen“, Stellungnahmen oder Positionspapieren richten wir die Anliegen unserer Mitglieder beispielsweise an Ministerien. Für den VDOE sind vor allem das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), aber auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz wichtige Stakeholder. In der zurückliegenden Legislaturperiode konnte der VDOE zum Beispiel an der Erarbeitung der Ernährungsstrategie der Bundesregierung mitwirken. 

Berufspolitik findet jedoch nicht ausschließlich in Richtung Politik im engeren Sinne statt, sondern ebenso in Richtung Kostenträger, wie Krankenkassen, oder auch in Richtung Hochschulen, wenn es zum Beispiel um die weitere Entwicklung der Studienangebote geht.  

Der VDOE setzt sich zudem aktiv für die Qualitätssicherung in der Ernährungsberatung und -therapie ein. Durch die Entwicklung und Vergabe von Zertifikaten. Hierfür wurde im letzten Jahr gemeinsam mit dem VDD und QUETHEB die Plattform qualifizierte Ernährungstherapie & Ernährungsberatung, E-Zert, gegründet. Hiermit sollen professionelle Standards in der Beratung geprüft und dokumentiert werden. Diese Zertifizierung dient als Nachweis für eine adäquate und kontinuierliche Weiterbildung und stärkt die Anerkennung und Sichtbarkeit unserer Berufsgruppe im Gesundheitswesen. 

Ein Zertifikat ist die Voraussetzung für die Bezuschussung der Kosten für Ernährungsberatung und -Therapie nach § 20 und § 43 SGB V durch die gesetzlichen Krankenkassen. Seit 2018 ist Ernährungstherapie auch im Heilmittelkatalog vorgesehen, allerdings nur für zwei Indikationen. In diesem Zusammenhang verhandelt der VDOE gemeinsam mit den anderen sog. maßgeblichen Verbänden für das Heilmittel Ernährungstherapie die Rahmenbedingungen hierfür, wie z. B. die Zulassungsvoraussetzungen und die Vergütung, mit dem GKV-Spitzenverband. 

Zu den weiteren berufspolitischen Aktivitäten des VDOE zählt zum Beispiel die Mandatierung von Mitgliedern mit entsprechender Expertise für die Mitarbeit an Leitlinien. Dank des starken ehrenamtlichen Engagements zahlreicher Mitglieder hat der VDOE sich in diesem Feld sehr gut etabliert und wird zunehmend zur Benennung von Expert*innen für die Leitlinienarbeit oder auch als Kooperationspartner für Projektanträge angefragt. Zudem ist der VDOE stellungnahmeberechtigt für die Entwicklung von Disease Management Programmen, wo insbesondere Mitglieder der VDOE-Arbeitskreise ihre wissenschaftliche Expertise einbringen. 

Auch an Redaktionen und Journalist*innen vermittelt der VDOE regelmäßig Mitglieder, die so ihre Fachexpertise einbringen und dadurch zur Sichtbarkeit der Berufsgruppe in den Medien beitragen.  

 

Die berufspolitische Arbeit und die Einflussmöglichkeiten des Verbandes haben allerdings auch Grenzen. Neben begrenzenden personellen und finanziellen Ressourcen spielen auch andere Interessensgruppen eine maßgebliche Rolle beim Erfolg der berufspolitischen Arbeit. Im Lobbyregister sind beispielsweise über 27.000 Personen eingetragen, die Interessenvertretung betreiben. Es ist also immer wieder eine Verhandlung zwischen unterschiedlichen Gruppen, die teils konträre Interessen vertreten. In jedem Fall ist Geduld bei der berufspolitischen Arbeit gefragt. 

 

Insgesamt verfolgt der VDOE das Ziel, die vielfältigen Kompetenzen seiner Mitglieder sichtbar zu machen, neue Berufsfelder zu erschließen und die Qualität der Berufsausübung zu sichern und weiterzuentwickeln. 

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Berufsverbände die Interessen ihrer jeweiligen Berufsgruppen vertreten. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam viel für unsere Berufsgruppe bewirken können. Jedes einzelne Mitglied trägt dazu bei, die berufspolitische Richtung mitzugestalten – denn mit der Mitgliedschaft geht auch Einfluss einher.

Aus meiner Sicht sollte die Auseinandersetzung mit Berufspolitik bereits im Studium einen höheren Stellenwert einnehmen. Es wäre wünschenswert, wenn das Thema schon in der beruflichen Bildung thematisiert werden würde und Zusammenhänge zwischen Politik und dem angestrebten Beruf aufgezeigt und verständlich gemacht würden.  

Als Mitglieder haben wir die Möglichkeit, unsere Anliegen einzubringen und die berufspolitische Arbeit aktiv mitzugestalten. Doch um gehört zu werden, ist jede Stimme wichtig. Die Berufspolitische Arbeit unseres Berufsverbandes ermöglicht Berufseinsteiger*innen sowie etablierten Kolleg*innen viele Chancen im facettenreichen Berufsfeld der Oecotrophologie. 

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Verfasser*in: Lisa-Marie Faust

Die angehende Oecotrophologin studiert derzeit an der Hochschule Fulda. Seit Dezember absolviert sie ihr Praktikum beim VDOE in den Bereichen Weiterbildung sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.