Mit 20 Jahren erhielt ich die Diagnose des Polyzystischen Ovarialsyndroms (PCOS), die mein Leben abrupt veränderte. Die Ungewissheit und die fehlende Unterstützung waren überwältigend, und ich fühlte mich oft allein mit den Herausforderungen. Diese Erfahrung motivierte mich, das Studium der Ökotrophologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) aufzunehmen, um nicht nur mein eigenes Wissen zu erweitern, sondern auch anderen Betroffenen zu helfen.
Was ist PCOS?
PCOS ist eine der häufigsten endokrinologischen Erkrankungen bei Frauen im reproduktiven Alter, von der etwa jede fünfte Frau betroffen ist. Im D-A-CH Raum sind bis zu zehn Millionen Frauen betroffen. Zu den häufigsten Anzeichen gehören Zyklusstörungen, Insulinresistenz, Übergewicht, Akne, vermehrter Haarwuchs und unerfüllter Kinderwunsch. PCOS erhöht zudem das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychische Krankheiten wie Depressionen und Angststörungen.
Eine lebenslängliche Krankheit
Es gibt derzeit keine Heilung für PCOS. Die Behandlung konzentriert sich darauf, Symptome zu lindern, etwa durch Metformin, hormonelle Kontrazeptiva oder Ovulationsinduktoren. Lebensstilinterventionen, insbesondere Ernährungs- und Trainingsmaßnahmen, sind zentrale Bestandteile der Therapie.
Probleme und Herausforderungen bei PCOS
Viele Frauen mit PCOS haben Schwierigkeiten, zuverlässige Informationen und Unterstützung zu finden. Ärzt*innen sind ebenfalls oft überfordert und haben nicht die Zeit für eine umfassende Beratung. Dies führt zu unzureichender Aufklärung und fehlendem Wissen im Umgang mit den Symptomen.
Die Idee für das Start-up und Meilensteine
Ich hatte schon vor meinem Studienbeginn die Vision, anderen PCOS-Betroffenen helfen zu wollen. Meine ursprüngliche Idee war es, mich nach meinem Studium mit einer Ernährungsberatung für Frauen mit PCOS selbstständig zu machen. Doch schon während meines Bachelorstudiums hatte ich die Chance, mich für das EXIST-Women-Stipendium zu bewerben. Durch den Erhalt dieses Stipendiums konnte ich meine Idee schon während dem Studium konkretisieren und tiefer in die Start-up-Welt eintauchen.
So entschied ich mich, im Mai 2024 am Startup Weekend Mittelhessen teilzunehmen, und lernte dort die Gynäkologin Dr. Vanessa Eghardt kennen. Bei diesem dreitägigen Intensiv-Workshop konnten wir, gemeinsam mit großartigen Mentor*innen, die Idee von PCOS HARMONY entwickeln. Mit PCOS HARMONY möchten wir eine Community für den Austausch schaffen, über PCOS aufklären und personalisierte Unterstützung für Betroffene anbieten. Fast über Nacht wuchs meine ursprüngliche Idee von der Ernährungsberatung zu dieser großen Vision heran. Wir belegten beim Startup Weekend Mittelhessen in der Kategorie „Newcomer“ den ersten Platz.
Ein weiterer Erfolg folgte im Juni 2024, als wir beim Idea Slam der JLU den ersten Platz sowie den Publikumspreis erhielten. All diese Erfolge bestätigten uns, dass unsere Start-up-Idee nicht nur bei den Zuhörer*innen, sondern auch bei den Jurys großen Anklang fand.
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Im Juli 2024 traten die psychologische Psychotherapeutin Imke Wegner sowie die Psychologin und Ernährungswissenschaftlerin Stefanie Ewald dem Team bei und unterstützen uns seither ebenfalls beim Aufbau von PCOS HARMONY.
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Wir erhielten zwei weitere Stipendien und wurden für den Hessen-Ideen-Wettbewerb nominiert. Dadurch konnten wir unser Netzwerk erweitern und gezielte Coaching-Möglichkeiten in Anspruch nehmen. Auch das Gründungszentrum der JLU hat uns bei der Weiterentwicklung von PCOS HARMONY sehr geholfen.
Aktuell haben wir einen eigenen Podcast und sind in sozialen Medien wie Instagram aktiv, um eine große Reichweite zu erzielen. Darüber hinaus haben wir mehrere Community-Treffen im Raum Mittelhessen organisiert, um Betroffene zu vernetzen. Außerdem arbeiten wir an einem ersten Pilotkurs zum Thema: „Wie kann ich mich richtig bei PCOS ernähren, ohne dass es sich wie Zwang anfühlt?“
Unsere Herausforderungen
Wer schon einmal mit dem Gedanken gespielt hat, sich selbstständig zu machen, weiß, dass eine Selbstständigkeit viele Herausforderungen mit sich bringen kann. Man muss sich für eine passende Rechtsform entscheiden, eine Webseite erstellen, Versicherungen und Finanzen im Blick behalten, einen Businessplan ausarbeiten – und auch gesetzliche Vorgaben müssen eingehalten werden. All das kann anfangs sehr überwältigend wirken. Uns hat es geholfen, ein Thema nach dem anderen anzugehen und die Unterstützung des Gründungszentrums der JLU sowie unserer Stipendien in Anspruch zu nehmen.
Unsere größte Schwierigkeit stellt aktuell das Zeitmanagement dar. Das Erstellen von Beiträgen, die Produktion des Podcasts und die Konzipierung der Kurse sind sehr zeitaufwändig. Wir haben einen hohen Anspruch an wissenschaftliche Validität – unsere Inhalte sollen den aktuellen Forschungsstand zu PCOS widerspiegeln, was eine aufwendige Recherche erfordert. Zusätzlich nehmen auch andere Aufgaben, wie die Erstellung des Businessplans und der Webseite, viel Zeit in Anspruch. Meine Teammitglieder sind jeweils selbstständig und ich studiere derzeit im Master Ernährungswissenschaften an der JLU. Daher kann PCOS HARMONY nicht immer oberste Priorität haben. Dennoch konnten wir bereits sehr viel erreichen.
Eine weitere Herausforderung ist die Suche nach weiteren Mitgründer*innen. Wir suchen Personen aus den Bereichen Sportwissenschaften, Marketing, Softwareentwicklung, BWL und Ernährungswissenschaften, um unser Team weiter zu stärken.
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Meine Tipps für eine Gründung parallel zum Studium
Für eine erfolgreiche Gründung ist Unterstützung entscheidend. Während des Studiums bieten Gründungszentren kostenlose Beratung in vielen Bereichen an, organisieren Veranstaltungen und helfen dabei wertvolle Kontakte zu knüpfen. Auch Stipendien können eine große Hilfe sein. Ein starkes Netzwerk entsteht durch den Austausch mit anderen Gründer*innen und durch die Teilnahme an Veranstaltungen und Wettbewerben. Herausforderungen gehören bei jedem Gründungsprozess dazu, doch mit intrinsischer Motivation fällt der Weg leichter.
Fazit
Der Gründungsprozess ist herausfordernd, aber unglaublich lehrreich. Wir konnten viele wertvolle Erfahrungen sammeln und ein starkes Netzwerk aufbauen. Wir freuen uns darauf, PCOS HARMONY weiterzuentwickeln und möglichst vielen Betroffenen zu helfen. Mach mit und hilf uns, unsere Vision Wirklichkeit werden zu lassen.
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Mit PCOS HARMONY wollen wir eine Community schaffen, in der sich Frauen mit PCOS austauschen, unterstützen und inspirieren können. Wir schützen unsere Mitglieder aktiv vor Falschinformationen, um gesundheitliche Fehlentscheidungen zu verhindern. Durch ärztliche Assessments und maßgeschneiderte Kurse möchten wir zur Gesundheitsförderung beitragen. Ziel ist es, ein gesundes Hormongleichgewicht zu fördern, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Mithilfe von Expertenwissen und personalisierten Ansätzen möchten wir jeder Betroffenen die bestmögliche Unterstützung bieten und ihr zu mehr Wohlbefinden und Selbstbewusstsein verhelfen.
Weiterführende Links:
Podcast: https://open.spotify.com/show/5JdZuCR5nX2UT7z0vU3HiN?si=9G-GjJ8USC64MOyF0HeJNA
Instagram: https://www.instagram.com/pcos.harmony?igsh=MTRzaGNmbjI1YWVsOQ==
Webseite: www.pcosharmony.de
Quellen:
- Borzan, V.; Mayr, A.; Obermayer-Pietsch, B. (2021): Das polyzystische Ovar-Syndrom – Entstehung, Behandlung und neue Erkenntnisse. In: J. Klin. Endokrinol. Stoffw. 14, S. 81–87. DOI: 10.1007/s41969-021-00135-y
- Deswal, Ritu; Narwal, Vinay1; Dang, Amita; Pundir, Chandra S.1,. The Prevalence of Polycystic Ovary Syndrome: A Brief Systematic Review. Journal of Human Reproductive Sciences 13(4):p 261-271, Oct–Dec 2020. | DOI: 10.4103/jhrs.JHRS_95_18
- Teede, H. J.; Tay, C. T.; Laven, J.; Dokras, A.; Moran, L. J.; Piltonen, T. T.; Costello, M. F.; Boivin, J.; Redman, L. M.; Boyle, J. A.; Norman, R. J.; Mousa, A.; Joham, A. E. (2023): Recommendations from the 2023 International Evidence-based Guideline for the Assessment and Management of Polycystic Ovary Syndrome. In: Hum Reprod. 38 (9), S. 1655-1679. DOI: 10.1093/humrep/dead156.
- destatis.de, bfs.admin.ch, statistik.at